15. April 2016

Wie frei dürfen Interpretationen sein?

Da ich mich bald tiefer mit nur einem einzigen Buch beschäftigen möchte, kam mir eine Frage wieder in den Sinn, die ich mir schon als Jugendliche gestellt habe: Wie frei können/dürfen/sollen Literaturinterpretationen eigentlich sein?

Als ich zur Mittelschule ging wurde uns Schülern im Deutschunterricht recht schnell eingeschärft, wie man zu interpretieren habe. Und zwar immer nach den Wünschen der Deutschlehrerin. Diese Dame, Frau Schuster, war mir ein Dorn im Auge. Andere Meinungen als ihre eigene waren verboten. Hat man es im Meinungsteil eines Aufsatzes gewagt, von ihrer Meinung abzuweichen, wurde die Note gleich um einen Grad nach unten geschraubt. Das hat sie von Anfang bis Ende durchgezogen, was mir die Lust am Lesen für eine lange Zeit genommen hat. 
Als ich dann irgendwann meine Matura nachgemacht habe, hieß es, dass man alles mit Textstellen belegen müsse. Das leuchtete mir dann schon eher ein. Schließlich kann man nichts irgendwo herauslesen, was gar nicht vorhanden ist.
Jetzt im Studium interpretiere ich Literatur immer aus einer konkreten Fragestellung heraus. Finde ich etwas, ist es da. Finde ich nichts, ist entweder nichts da oder ich bin zu blöd, um es zu finden. 
Nun als Bloggerin kann ich über ein Buch denken und schreiben, was ich will. Ein Buch nach meinem Geschmack zu interpretieren, kann mir niemand verbieten. Und es gibt unzählige Wege, meine Meinung zu veröffentlichen.

(Bild von pixabay)

Einerseits finde ich es toll, dass man als Privatmensch ein Buch so lesen kann, wie man möchte. Da kann einem keiner vorschreiben, was man sich zu dieser oder jener Stelle denken soll und welches Verhältnis man zu den Figuren aufbaut. Leider sind viele von negativen Erfahrungen diesbezüglich aus dem Deutsch-Unterricht sagen wir mal vorbelastet. Wer einen schlechten Deutschlehrer hat, wird vielleicht gar nicht auf die Idee kommen, dass Lesen Spaß machen kann und dass unter den vielen Millionen Geschichten für jeden etwas dabei ist.
Andererseits kann man natürlich nicht alles aus einem Text herauslesen, obwohl so mancher Filmemacher zu denken scheint, dass das geht.   
Und dann ist da auch noch die Tatsache, dass jeder die Welt anders interpretiert und dass es die Welt bereichern kann, wenn viele Leser ihre Gedanken und Erfahrungen im Umgang mit einer Geschichte mit anderen teilen. 
Und natürlich kann man auch noch auf den Autor schauen. Was hat er oder sie so dazu gesagt? Gibt es Anhaltspunkte, wie man das Werk interpretieren soll? 
Dann kann man aber auch wieder anbringen, dass ein Text, wenn er mal auf die Menschheit losgelassen wurde, praktisch allen Rezipienten gehört und jeder sich seinen Teil dazu denken darf. Wenn ein Autor das nicht möchte, dann sollte er oder sie den Text bitte daheim in der Wand einmauern. 
Und dann gibt es da noch die Fanfiction-Debatte, bei der es auch um die Interpretation eines Textes geht. Ohne die könnte man ihn ja nicht weiterdichten.

Fragen über Fragen und keine eindeutigen Antworten. Wahrscheinlich gibt es keine. Wiedermal nur Ansichten.

Was denkt ihr über die Interpretation von Texten? Wie frei ist der Rezipient? Gibt es Faktoren, die diese Freiheit einschränken? Und wie interpretiert ihr? Lasst ihr euch von gängigen Interpretationen beeinflussen? Schreibt es mir doch in die Kommentare. Das würde mich sehr interessieren! 

1 Kommentar:

  1. Also ich finde das einen guten Artikel. Ein Buch in der Schule zu lesen bedeutet vielfacht, dass man es hinterher hasst. Aber man sollte nicht vergessen, dass da viel vom Lehrer abhängt. Man sollte ja in der Schule nicht lernen, wie man einen Text zu verstehen hat, sondern die Methoden, wie man das angehen kann, einen Text zu lesen.

    Ich möchte endlich mal eine FanFiction zu Kafka lesen. Kann ruhig lustig sein. Dass z.B. der Käfer aus der "Verwandlung" einen Beruf wie Filmschauspieler ergreift. king Kong wäre dagegen nix.XD.

    Ich interpretiere nicht mal, ich lese das was mir gefällt und lasse mich von der Geschichte fortreißen. Andere können das Buch ruhig als trivial bezeichnen, das ist mir egal (bei Filmen halte ich es genauso - bei Arthaus-Filmen schlafe ich meistens ein). Und so sagt mri z. B. Böll heute weniger als früher. Fantasy ist für mich was Neues und darum lese ich sie gern. Bibliothekarinnen in wallenden Gewändern und mit lange fließenden grauen Haaren mögen das nicht mögen, aber ihre Zeit vorbei. Kinder, Jugendliche und Erwachsene mögen nicht die dauernden pädagogisch oder literarisch wertvollen Bücher lesen. Hierzu habe ich mal eine Kurzgeschichte in einem Forum veröffentlicht. Vielleicht kann man sie ja mal hier zur Verfügung stellen.

    Also Leute, lest was Euch Freude bringt und legt das Andere beiseite. Obwohl man sollte schon einen Grundkanon von Büchern kennen - wie den Faust.

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